Faszination Pulsofliegen – Teil 2

DAYS OF SPEED AND THUNDER

PORTRÄT

Kaufen, Laden, zum nahegelegenen Flugplatz fahren, Einschalten, Losfliegen. Funktioniert. Um ziemlich genau das Gegenteil geht es im zweiten Teil meines Berichtes der Faszination Pulsofliegen. Nicht alles im Leben ist mit Vernunft und Sinnhaftigkeit zu begründen, und der Grund, warum sich jedes Jahr im Mai die europaweit verstreuten Freunde der pulsierenden Donnerbüchsen auf den weiten Weg in die sächsische Lausitz machen, ist ebenso wenig eine Ausgeburt des präfrontalen Cortex. Zum Glück. Und zum Glück wissen viele von euch, wovon ich spreche. Denn es ist die Leidenschaft am Thema, die uns motiviert, die Regeln des Alltags zu brechen, das Unvernünftige zu tun und sich genau daran zu freuen. Für all die, die jetzt ein freudiges Seufzen von sich geben, habe ich diesen Bericht geschrieben.

Die Protagonisten mit ihren Suchtmitteln. Ein stabiler Flieger mit einem Ofenrohr obendrauf. Mehr braucht das Pulsoherz nicht zum Glücklichsein.

Wie alles begann

Wir schreiben das Jahr 2004. Die Zeit der Pulsoantriebe ist seit vielen Jahren vorbei und auch die giftig einzustellenden Verbrenner-Impeller mit ihren heißen Rossi- und OS-Motoren sind aus den Jets verbannt. Turbinen sind der Jetantrieb der Wahl. Warum auch nicht? Sie sind perfekt: Starten auf Knopfdruck, haben Leistung ohne Ende, sind verhältnismäßig leise und vor allem: regelbar. Okay, Geld kostet das Material auch, aber das lasse ich hier mal außen vor. Und trotzdem macht sich Hubert Leubner zusammen mit seinem Laserschweißer Reinhard Wachter und ein paar fein verarbeiteten Pulsorohren auf den Weg zur Jetpower-Messe nach Bad-Neuenahr. Schnell stoßen die blechgewordenen Krawalltüten auf dem Ausstellungsstand der beiden auf Resonanz – was gerne als Wortspiel verstanden werden darf. Wem der zweite Teil der Resonanz gerade fehlt: Pulsorohre laufen genau in einer Frequenz bzw. Resonanz, die sich aus dem Zusammenspiel der Komponenten und der Rohrgeometrie ergibt.

Ein gänzlich neuer Stadtteil von Rothenburg ist entstanden. Er hat nur wenige Einwohner, doch die haben es faustdick hinter den Ohren, machen gerne Krach, sind aber ein grundsätzlich friedliebendes Völkchen.

Zurück zur Messe. Es gibt sie noch vereinzelt, die Pulsofreunde, die sich ebenso auf der Messe rumtreiben und schnell mit Hubert ins Gespräch kommen. Denn neben der Faszination haben alle noch eines gemeinsam: Keinen Platz zur Ausübung ihrer modellsportlichen Randerscheinung. Denn außer gelegentlichen Vorführungen auf Modellflugtagen (ja, sowas war bis vor wenigen Jahren noch machbar) gibt es nichts, wo sich die Freunde der Donnerbüchsen treffen und vor allem fliegen können – und dürfen. Doch schnell sind sich die Jungs am Stand einig: Wir brauchen ein Fluggelände, auf dem sich die wenigen, noch über meh-rere Länder verstreuten Triebstrahljünger treffen können. Der allererste Schritt einer inzwischen überaus erfolgreichen Veranstaltung ist getan. Im Mai 2023 fand die 16. Version der „Days of Speed and Thunder“ statt. Doch dazu später mehr.

2 km Asphaltbahn. Was früher für die MiG-17 gereicht hat, sollte für modellfliegerische Gegebenheiten erst recht ausreichen. Tut es auch – oder besser gesagt: Besser geht´s nicht.

Beflügelt vom Interesse auf der Messe macht sich Hubert Leubner auf die Suche nach einem geeigneten Platz für die Donnervögel. Und wie es so häufig im Leben ist: Man kennt jemanden, der jemanden kennt…. Über diese Ecken tut sich ein Fluggelände im fernen Osten auf – also im fernen Osten der Republik. Genauer gesagt in Rothenburg in der Oberlausitz. Ich muss das korrigieren: Fluggelände hört sich so harmlos an. Wir reden hier von einem ausgewachsenen Flugplatz, der bis 1990 militärischen Zwecken diente. Der beste Beweis dafür ist das hochinteressante Freiluftmuseum direkt nebenan. Dementsprechend weitläufig ist das Gelände – also die beste Voraussetzung für unsere schnellen Jets, die gerne mal in die Ferne schweifen, speziell, wenn kurz nach dem Start das Rohr abstirbt. Einkurven ist dann nicht mehr und man landet am besten genau in Startrichtung – und das benötigt nun mal viel Platz. Ich möchte aber nicht von Problemen, sondern von Erfolgen erzählen.

800 N Zug überreden jedes Modell in die Luft, vorausgesetzt, das Rohr spielt mit. Hier das Paradebeispiel eines Starts: Ein Helfer kümmert sich um das Anblasen, ein Zweiter übernimmt die Zündung und der Pilot kann sich auf die gleich anstehenden fünf Minuten Flugwahnsinn konzentrieren.

Also: Hubert trifft vor Ort mit Volker Wollert und seinem Chef Rolf Zimmermann auf offene Ohren und die Randbedingungen für ein erstes Treffen sind schnell geschmiedet. Es kann losgehen: Im Mai 2006 findet das erste Treffen für die Spezialisten von Geschwindigkeit und Donner statt. Mehr dazu im ersten Teil meines Berichtes in der letzten FMT. Das Treffen wird ein voller Erfolg und damit Grund genug, sich im Laufe der nächsten Jahre weiterzuentwickeln. Und das in vielerlei Hinsicht: Aus einer Handvoll Piloten werden schnell mehrere Dutzend. Von ein paar wenigen Ländern kommend, hat sich die Veranstaltung zu DEM Pulsotreffen in Europa entwickelt. Aus anfängli chem Experimentieren und Schauen, wie man die Teile startet und in die Luft bekommt, wird ein Wissenspool, der sowohl Experten als auch Neueinsteigern eine perfekte Hilfestellung bietet. Aus einem „Man müsste mal…“ einiger Freaks wird Jahre später die Veranstaltung, auf die wir Pulsoflieger uns so dicke freuen. Also kommt mit mir in die Pulso-City. Ich möchte euch zeigen, was da so abgeht.

Jeß – we can. Und wie sie können. Mit dem Skyburner brennt die Luft in Pulso-City. Wem ein Pulso nicht aufregend genug ist, der bekommt beim Pulso-Team Jeß die volle Dröhnung im Doppelpack.
Jeß – we can. Und wie sie können. Mit dem Skyburner brennt die Luft in Pulso-City. Wem ein Pulso nicht aufregend genug ist, der bekommt beim Pulso-Team Jeß die volle Dröhnung im Doppelpack.
Hier die Startmethode mit dem Laubbläser zur Luftversorgung. Max Heise – ein eher stiller Typ – setzt auf den Super Scout und befeuert ihn mit einem brachialen 100er Rohr. Daher auch der Spruch: Stille Wasser sind tief.
Ihm haben wir diese großartige Veranstaltung zu verdanken: Hubert Leubner. Neben der Idee zu den Days of Speed and Thunder liefert er auch feinste Pulsorohre. Und als gelernter Speedflieger scheucht er die Donnervögel natürlich selbst durch den Äther. In diesem Fall den Skyburner aus dem Hause Jeß.
Wird gerne mit kleinen Turbinen geflogen: Der Skyrunner. Aber auch ein Pulsorohr steht dem flinken Renner gut zu Gesicht, meint Volker Schwabe. Ich finde, er hat Recht. Übrigens kommt hier ein käufliches Zanin-Rohr zum Einsatz mit der Sonderausstattung einer Einspritzung.

Die Objekte der Begierde

Der Name „Days of Speed and Thunder“ kommt nicht von ungefähr. Und was braucht man zum Speed? Richtig: Pulsos mit viel Dampf und schnittige Modelle. Was ist da besser geeignet als ein Speed-Delta. Fangen wir also bei den Modellen an. Geflogen werden Deltas (aus dem Heinkel-Lager auch gerne Dreiecksflieger genannt) und – wie dieser Satz bereits verrät – die Heinkel Salamander. Die beiden Kategorien machen zumindest den Großteil der Modelle aus. Was darüber hinaus noch durch die Luft ballert, darauf komme ich später zurück.

Uwe Stribny mit seinem Inferno – hier mit dem 90er Rohr auf dem Rücken. Der Rescue-Aufkleber ergibt wenig Sinn, denn wenn die Fuhre erstmal in der Luft ist, gibt es nichts mehr zu retten.
Wem der Startaufwand nicht reicht, der packt einfach noch ein Rohr obendrauf. Wenn beide Rohre laufen, ergibt das etwas mehr Speed, schicken Sound und massiven Durst. Wie gesagt, wenn sie laufen…

Also mal ganz grob im Einzelnen: Der Großvater der Speedmaschinen ist das Inferno und das Modell macht auch aktuell immer noch eine gute Figur. Uwe Stribny tritt gerne den Beweis an, dass der Renner mit einem 75er Rohr bereits gut motorisiert ist, und das Inferno mit einem 90er seinem Namen alle Ehre macht. Wem die Zahlen jetzt wenig sagen, der greift sich das letzte Heft der FMT und findet dort diese und einige weitere pulsospezifische Erklärungen.

Zurück zu den Modellen. Die Holländer setzen gerne auf den Scout, der durch seine lange Spitze schon im Stand besonders schnell aussieht. Dass die Rakete auch in der Luft ganz vorne mit dabei ist, beweisen die Jungs vom Pulsoteam Horst und Quadvlieg immer wieder gerne. Das Luftfahrt-Trio Jeß setzt hingegen auf eine Eigenkonstruktion, die auf den Namen Skyburner hört. Beim Namen haben sie ein glückliches Händchen gehabt, denn wenn sie – meistens zu zweit – am Himmel unterwegs sind, dann brennt die Luft gewaltig.

Noch stehen die Gasknüppel der Sender ganz hinten, aber in wenigen Minuten gibt das Doppelpack fett was auf die Ohren.
Peter Köhlen aus dem Team Quadvlieg. Die Jungs waren schon vor Jahrzehnten tief verwurzelt mit der Technik und haben bereits damals viele Flugtage ordentlich nachgesalzen. Hier mit Vögele-Salamander und Leubner-Rohr.
Das ist jetzt eine ganz besondere Sache: Paul Deidun ist wohl der einzige australische Pulsoflieger. Damit er mit seinem verrückten Hobby nicht ganz so allein ist, nimmt er jedes Jahr die große Reise von Down Under nach Pulsocity auf sich. Geht nicht, gibt´s nicht – zumindest für Paul.
Ich schreibe diesen Bericht auch in Gedenken an meinen Freund Roland Gerischer, der mich viele Jahre bei den „Days of Speed and Thunder“ begleitet hat. Erst mit ihm wurden die Treffen zu unvergesslichen Erlebnissen. Leider ist er viel zu früh gestorben.
Das Bild verrät es schon: Das Inferno befindet sich im Landeanflug. In allen anderen Flugsituationen sind Pulsomodelle sehr eigen und lassen sich nur ungern scharf abbilden.
Auf der Suche nach ausreichend Tankvolumen. Bei den Deltas verschwinden zwei Beutel mit je einem Liter Inhalt in den Tiefen der Flächengeometrie. Die Beutel halten übrigens nur wenige Tage, dann verhärten sie und werden entsorgt. Ist auch besser so.

Eine extrem flache Flunder, und dementsprechend schnell unterwegs, ist der Virus. Optisch gesehen unterscheidet sich der Virus durch seine Geometrie am meisten von den anderen Modellen. Ralf Knecht setzt den Renner meisterlich in Szene. Eine weitere Eigenkonstruktion stellt der Joker von Felix Kirves dar. Geometrisch am ehesten einem Scout ähnlich, jedoch eine Nummer kleiner. Geflogen werden diese Modelle fast ausschließlich mit den 90er Rohren. Auch das ein oder andere 100er ist mit dabei. Größentechnisch spielen die Deltas alle in einer ähnlichen Liga. Die Spannweiten betragen zwischen 100 und 110 cm und die Längen pendeln sich bei 120 bis 150 cm ein. Der Joker hat 95 cm bei einer Länge von 113 cm. Da Felix trotzdem ein 90er obendrauf schnallt, erreicht der Begriff Übermotorisierung eine neue Dimension. Die Leichtgewichte fangen bei 4,5 kg an, nach oben hin endet die Skala bei ca. 7 kg. 

Das ist keine Fotomontage: Mehr Rohr passt nicht auf dieses zierliche Modell. Aber was soll´s. Erlaubt ist, was Spaß und Speed macht. Und ihm macht es Spaß: Felix Kirves.

Bauarttechnisch ist das alles ähnlich. Meistens komplett GFK oder CFK, in Sandwichbauweise oder aber Flächen in Styro-Balsa mit GFK-Beschichtung und Rumpfkeule in GFK. Aber genug der Zahlen und Fakten. In der Luft ist das alles Schall und Rauch. Also weniger Rauch als vielmehr Schall. Richtig viel Schall. Und Speed. Das Faszinierende – und das kann man nur verstehen, wenn man die ganze Sache mal Live erlebt hat – ist die Kombination aus beidem. Und genau deshalb trifft der Name der Veranstaltung voll ins Schwarze.

Jetzt mag der ein oder andere lehrhaft den Zeigefinger heben und meinen, dass das Ganze auf Grund der Geräuschemission nicht mehr zeitgemäß ist in Zeiten von klarer Reglementierung der db(A) Werte auf unseren Flugplätzen. Richtig, ein Pulso ist nicht leise aber kein Pilot hat die Erwartungshaltung, ein solches Modell regelmäßig auf dem Platz einzusetzen. Pulsos waren seit jeher eine Randerscheinung und sie werden es auch bleiben. Wenn jedoch die Reglementierung immer weiter um sich greift, wird auch diese faszinierende Randerscheinung über den Rand kippen. Die Kettensäge, mit der stundenlang im ortsnahen Bereich Holz gesägt wird, hat über die Dauer hinweg (nennen wir es mal Lärmintegral) einiges mehr an Lärmbelastung angehäuft als ein Pulso, das mal für 3-4 Minuten bollert. Die Einwohner in und um Rothenburg sind uns bisher gnädig. Hoffentlich dürfen wir noch lange Gäste auf dem schönen Flugplatz in Rothenburg in der Lausitz bleiben.

Ein ganz wichtiges Areal beim Treffen: Die Testfläche. Alles, was noch nicht in der Luft war oder bockig ist, wird hier vorab zum Laufen überredet und sauber eingestellt. Das bringt den großen Vorteil mit sich, dass dann, wenn es beim Start draußen auf dem Flugfeld drauf ankommt, alles bestmöglich funktioniert und man nicht den Flugbetrieb unnötig aufhält.
Speed in Formen gegossen. Dann kommt das dabei raus. Der Virus von Ralf Knecht. Das 90er Rohr mit Außeneinspritzung verhilft der Flunder zu massivem Vorwärtsdrang.
Der Scout mit seinen typisch nach innen gekippten Leitwerken. Ein Waffenschein wird hier nicht nur wegen der Spitze, sondern auch wegen der erreichbaren Geschwindigkeit benötigt.

Zurück zu den Modellen. Wir waren beim Speed stehengeblieben. Langsam ist hier keines der Modelle. Die Topkandidaten knacken die 400-km/h-Marke. Staurohrgemessene 440 km/h sind der Maximalwert, der mit bekannt ist.

Schauen wir in das Lager der Heinkel Salamander. Hier sieht man fast ausschließlich die perfekt fliegende He 162 aus den ursprünglichen Formen von Thomas Vögele. Die Länge ist mit 150 cm einheitlich, die Spannweiten schwanken zwischen 120 und 150 cm. Damit wird klar, dass es hier keinen Scale-Anspruch gibt, sondern die Flugtaug-lichkeit im Vordergrund steht. Auch hier finden sich die 90er Rohre als Standardantrieb wieder. Ähnlich, wie der Joker bei den Deltas, rundet meine Gulf-Salamander die Größentabelle nach unten ab mit 105 cm über dem Flügel und 120 cm Länge. Passend dazu findet sich auf dem Rücken ein 75er Pulso wieder. Das Rohr ist „leider“ sehr ehrgeizig und benimmt sich wie ein 90er, was dazu führt, dass die Salamander am Himmel sehr schnell sehr klein wird.

Allen Heinkel gemein ist: Sie faszinieren durch ihre bullige Optik, gepaart mit dem markanten Leitwerk. Die Salamander sind mit einem GFK-Rumpf ausgestattet und die Flächen sind ausnahmslos in Styro-Balsa Bauweise mit GFK-Beschichtung hergestellt. Und wer nun glaubt, dass die He 162 mit ihrem dicken Rumpf und der fetten Fläche eher gemütlich unterwegs ist, der ist gerne auf das Treffen eingeladen, um sich des Gegenteils zu überzeugen - der Name „Nervenklau“ von Christian Banghards Heinkel kommt nicht von ungefähr. Frisch von der Startrampe abgeschossen, dauert es – egal ob Delta oder Heinkel – eine Weile, bis die Maschinen ausbeschleunigt haben. Danach gibt es aber kein Halten mehr und es geht tief und schnell über die Länge des Platzes. Die stärksten Teile lassen auch hier die 300-km/h-Marke ein gutes Stück hinter sich.

Was ist sonst noch am Start?

Eine ganz eigene Kategorie fliegen die Österreicher Alois Martin und Johann Schmid. Sie setzen keine Pulsorohre mit Einspritzung ein, sondern selbstansaugende Zanin-Rohre. Einmal am Laufen, wird der Sprit durch das Venturi-Prinzip aus kleinen Öffnungen in der passenden Menge mitgerissen. Das funktioniert sehr gut, solange der Tank genau auf der Höhe des Rohres angebracht ist und kein Bungeestart erfolgt. Das speziell dafür entworfene Modell, die Sagittario, startet deshalb auch auf eigenem Fahrwerk von der Hartpiste aus. Eine weitere Besonderheit liegt bei diesem Modell darin, dass das Pulsorohr teilweise im Modell integriert ist.

In der Größe der 75er Rohre wird das Feld schon dünner. Volker Schwabe fliegt ein Zanin-Rohr mit Einspritzung erfolgreich auf seinem Skyrunner, den einige von euch sicherlich aus der Turbinenfliegerei kennen. Peter Andresen besitzt noch originale 75er Exemplare von Heinz Olarius und setzt diese Youngtimer auf verschiedensten Modellen ein.

Peter Andresen kombiniert, was zusammengehört. In diesem Fall garniert er ein Delta im 80er Jahre Style mit einem originalen Olarius-Rohr aus der gleichen Zeit. Das Gute an den alten Schätzchen: Sie haben genauso viel Qualm wie die aktuellen Zeitgenossen.

Nach unten hin halten Frank Lehmann und ich die Fahne für die 65er Fraktion hoch. Wir sind beide mit ähnlichem Material unterwegs. Franks Renner hört auf den Namen Wood Arrow – der Name ist Programm. Die Infos zu meinem X-600 gab es bereits ausführlich in der letzten Ausgabe. Beide Modelle sind sehr ähnlich aufgebaut und machen auch mit den kleineren Antrieben eine gute Figur.

Unser Freund Jiri Novacek sucht gerne das Besondere. Nachdem er vor Jahren mit einem Pulso-Kraftei kein Glück hatte, konnte er beim 2023er Treffen mit seiner Groß-Heinkel voll punkten. 200 cm Spannweite und 250 cm Länge bei knapp 15 kg Trockengewicht sind doch mal ein Wort. Ein 140er Pulso verhilft der Heinkel für standesgemäßen Vortrieb.

Kein Start auf Knopfdruck

Irgendwie müssen die Dinger ja in die Luft kommen und was bei einem Elektromotor der Regler und bei einer Turbine die ECU übernimmt, ist beim Pulso immer noch Handarbeit und manchmal auch ein Hoffen und Bangen, dass die Kiste überhaupt anspringt.

Fangen wir also beim Startprozedere an. Wir benötigen ausreichend Luft, jede Menge Funken und irgendwas, was im kalten Rohr besser zündet als der im Modell gelagerte Kraftstoff. Und hier hat jeder so sein eigenes Rezept. Lufttechnisch wird entweder mit der guten alten Pressluft gearbeitet oder aber es kommen Laubbläser zum Einsatz. Das Produkt aus Volumen und Druck ist entscheidend. Druckflaschen machen wenig Volumen aber viel Druck, bei den Laubbläsern läuft das genau andersherum. Beides führt aber zum Ziel.

Pulso light – geringerer Bauaufwand und reduzierter Speed. Der Rest bleibt gleich: Akustik vom Feinsten, die Aufregung vor dem Flug, der Genuss währenddessen und die vermehrte Ausgabe von Endorphinen danach. Frank Lehmann kennt sie alle drei.

Der Zündfunke kommt entweder aus einer Eigenbau-Zündlanze, die von hinten bis zur Brennkammer in das Rohr geschoben wird oder aber über eine in der Brennkammer einbaute Zündkerze, die per Zündapparat betrieben wird. Fehlt noch der Brandbeschleuniger zum erfolgreichen Zünden. Startpilot, Bremsenreingier oder Propangas sind hier die gebräuchlichsten Helferlein. Apropos Beschleuniger: Die Rampe fehlt noch in der Aufzählung. Gilt es doch, die ersten Meter des Fluges ordentlich zu beschleunigen und Höhe zu gewinnen. Hier finden sich die unterschiedlichsten Konstruktionen. Allen gemein sind die beiden Eigenschaften, das Modell auf der Rampe fest zu fixieren und nach dem Lösen für eine saftige Übergabe in die Luft zu sorgen. Bei mir reichen dafür um die 120 N Zug, während die Holländer das Gummi mit drei Personen auf 800 N vorspannen. Von nix kommt nix.

Fast hätte ich es vergessen: Alle geflogenen Rohre sind – bis auf die Zanin-Rohre – nicht im Modellbaushop des Vertrauens bestellbar. Es sind ein paar wenige Spezialisten in der Szene, die die Rohre mit viel Liebe bauen und die Gemeinschaft mit funktionierendem Material versorgen.

Jiri Novacek (rechts) ist Freund des gepflegten Bodenstarts. Mit dem Abwurffahrwerk auch kein Problem. Weitere Besonderheiten: Beleuchtung in den Flächen und Landeklappen. Wer kann, der kann.
Jiri Novacek mag das Besondere. Beim letzten Treffen hat er die Größentabelle nach oben erweitert. Also ganz nach oben. 15 kg pulsotechnisch in die Luft zu bekommen, ist eine Herausforderung. Wenn jemand sowas beherrscht, dann er.

Nun aber zurück zum Start. So läuft die Sache ab: Das Modell liegt fest arretiert und per Gummizug vorgespannt auf der Rampe. Die Zündung wird eingeschaltet und mit der Pressluft bzw. dem Laubbläser wird die Ventilplatte angeblasen. Gleichzeitig wird das Starthilfsmittel von vorne mit eingespritzt. Nach den ersten Zündungen wird die eigentliche Spritzufuhr am Sender langsam hochgeregelt, bis aus den einzelnen Zündungen der Start des Triebwerks erfolgt. Das Triebwerk ist ab nun selbstlauffähig und verbrennt die unterschiedlichsten Gemischvarianten. Meistens findet sich die Version 60% Petroleum oder Kerosin und 40% Waschbenzin, oder nur Benzin. Bei mir sind es 80% Benzin und 20% Ether. Egal, das Rohr brüllt und will in die Luft. Zündung, Starthilfsmittel und Druckluft werden entfernt und die Spritzufuhr bis zum Maximum hochgeregelt. Stirbt das Rohr ab, beginnt das Prozedere von vorne.

Läuft das Rohr auf voller Leistung, beginnt es unmittelbar zu glühen. Jetzt wird nicht mehr lange gefackelt. Gehörschutz von den Ohren reißen, Entriegelung an der Rampe betätigen und hoffen, dass das Rohr nach dem Start sauber weiterläuft. Wenn dem so ist, kann der Spaß beginnen.

Im Flug wird meistens noch etwas nachgeregelt. Da das Modell mit zunehmender Geschwindigkeit auch mehr Luft inhaliert, wird Sprit nachgeschoben, um das Gemisch fett zu halten. Hat man blasenfrei getankt und die Technik ist einem gnädig, folgen jetzt genau die wenigen Minuten der Faszination, auf die man sich seit dem letzten Treffen so dermaßen gefreut hat.

Aber egal, ob Delta oder Salamander, nach drei bis vier Minuten sind die maximal zwei Liter Kraftstoff abgefackelt und die Resonanzfrequenz geht mit einem Schlag gegen Null, das Rohr ist aus. Ein langer Nachhall bollert durch den umliegenden Wald und die aerodynamische Güte des Modells ist zum ersten Mal zu hören. An welcher Stelle des Fluges der Sprit zur Neige geht, ist egal, denn die Dynamik (von mir aus auch die kinetische Energie) ist in dem Moment so hoch, dass ein großer Bogen zum Landeanflug geflogen werden kann. Wichtig nur: Immer schön weiträumig fliegen und Geschwindigkeit halten. Gerade die Deltas reagieren extrem zickig auf zu enge und zu langsam geflogene Mitwindkurven. Hat man sich in der Höhe und Geschwindigkeit nicht komplett verschätzt, legt sich das Modell mehr oder weniger weit entfernt brav ins Gras und der Puls darf sich auch wieder seinen Weg in den grünen Bereich ebnen.

Geht wie Schmidts Katze: Meine Gulf-Heinkel hat kein Problem mit Geschwindigkeit und hält die Flagge für die 75er Verbrenner hoch.
Die Nervenklau von Christian Banghard. Speed in seiner schönsten Form. Übrigens: Als guter Pilot hat er bisher die Nerven in jeder Situation behalten.
Pulso-Technik in möglichst einfacher Form und dabei besonders startfreudig: Hier wird nichts gepumpt und eingespritzt. Das Zanin-Rohr saugt sich die passende Menge Kraftstoff selbst an. Das Ganze teilintegriert in den Modellrumpf der Sagittario. Alois Martin und Johann Schmid sind die Experten dieser Klasse.
Alles eine Frage der Isolierung: Das Pulsorohr wurde ins Innere der Mirage verfrachtet. Hier erfolgreich in Szene gesetzt von Vater Bert Quadvlieg und Sohn Mike.

Jetzt mögt ihr euch fragen, was denn das Besondere an dem Ganzen ist, da es ja turbinentechnisch und selbst bei den Stromern und Methanolern schnellere Modelle gibt, auch die Größe unserer Pulsomodelle und der Schub der Antriebe niemanden vom Hocker reißen und die Flugzeit nahezu lächerlich erscheint. Ja, die Frage kann man sich stellen. Aber wie schon eingangs beschrieben: Es ist die Freude am Unvernünftigen oder lasst mich sagen am Unvollkommenen, an der Art und Weise wie diese Modelle mit ihren Uraltantrieben trotzdem eine Faszination ausüben, die bisher noch jedem Piloten und auch den Zuschauern eine Gänsehaut über den Rücken laufen lässt und die uns jedes Jahr aufs Neue hierher pilgern lässt – zu den „Days of Speed and Thunder“.

Wer sagt denn, dass die Rohre nur zum Fliegen taugen? Dezent vergrößert lassen sich damit die unterschiedlichsten Fortbewegungsmittel befeuern – im wahrsten Sinne des Wortes.